Roter Riese hat die ersten Mieter

Investoren an der Hanielstraße beginnen mit der Vermarktung. Die Caritas sitzt als Sozialpartner mit im Boot.

Ingo Blazejewski, Peggy Mendel (Fotos) / NRZ, DER WESTEN

nrz_fullEs war wohl auch die einmalige Aussicht und der Blick auf den Rhein, was den ehemaligen Schiffskapitän überzeugt hat. Auch wenn er erst im Juli einziehen kann, hat er den Vertrag für die Penthouse-Wohnung in der 20. Etage bereits unterschrieben. Und damit ist er einer der ersten Mieter in dem Weißen Riesen an der Hanielstraße. Seit einem halben Jahr wird das leerstehende Hochhaus saniert, die Musterwohnungen sind bereits fertig. Wer bis Mitte März einen Mietvertrag unterschreibt, erhält sogar einen Frühbucher-Rabatt.
Vom alten Interieur ist nichts übrig geblieben, der Klotz ist bis auf den nackten Beton entkernt. Jetzt gehören Fußbodenheizung und Fensterfronten von Boden bis Decke zum Standard, die Mieter können sich bei den 140 Wohnungen zwischen vier Ausstattungen entscheiden. Die Spanne der Kaltmiete pro Quadratmeter reicht von 5 bis 6,50 Euro. Wer selbst tapeziert und den Boden verlegt, kommt bei einer 68qm-Wohnung mit Nebenkosten auf 510 Euro, wer sich für das Premium-Paket mit Glasfaser-Tapete, barrierearmen Bad mit Duschsitz und Stützgriffen entscheidet, zahlt 612 Euro Warmmiete.

Umbau für zehn Millionen Euro

Allein die Preise schließen schon aus, dass der aufmöblierte Riese die Mieterklientel aus den anderen Hochhäusern „saugen“ will, wie es einst der Geldgeber der „Kapitalpartner AG“ aus der Schweiz im Vorjahr wohl eher unglücklich formuliert hatte. Die Zielgruppe: Senioren, die das Leben in der eigenen Wohnungen dem im Altersheim vorziehen. „Wir sind überzeugt, dass wir uns am Bedarf orientieren. In Duisburg gibt es einen Mangel an solchen Wohnungen”, sagt Till Mundorf, Geschäftsführer der „D.Ing”-Gruppe, die das Konzept entwickelt hat und umsetzt. Dennoch sei die Zielgruppe breit gefächert. „Warum sollte nicht auch eine junge Familie mit Kindern die Vorteile schätzen?”, fragt Mundorf.
Dass die Bauweise der meisten Immobilienbestände weit an den Bedürfnissen älterer Menschen vorbeigeht, kann Anja Keil nur bestätigen. „Wir werden von unseren Kunden häufig gefragt, wo sie hier geeignete Wohnungen finden. Viel können wir ihnen nicht anbieten, das Angebot ist extrem gering”, sagt die Leiterin des Caritas-Zentrums Homberg. Häufig scheitert es an den Treppen zu den Wohnungen, oft fehlt ein Aufzug, ein Bad ohne Barrieren gebe es „im seltensten Fall”, sagt Keil.
Die Investoren haben sich die Caritas als Sozialpartner ins Boot geholt. Der Sozialverband hat den Bauherrn bereits bei der Ausstattung beraten. So gibt es zum Beispiel statt Laminat wahlweise auch PVC-Fußböden, die für Rollstühle deutlich besser geeignet sein sollen. Mit einem Ansprechpartner im Haus bietet die Caritas den Mietern Beratungen jeglicher Art, hilft und unterstützt im Pflegefall, richtet bei Bedarf Hausnotruf-Systeme ein.
Rund zehn Millionen Euro investiert der neue Besitzer in den Umbau. In den unteren Etagen sind Einheiten für einen Kiosk, Ärzte und ähnliches geplant, es gibt neue Aufzüge, die Eingangsfront  wird komplett umgestaltet, es soll eine verglaste Lobby geben, ein Teil des Gartens wird abgezäunt.
„Auch wenn wir oft für diese Aussage belächelt werden: Wir wollen hier einen nachhaltigen Wert schaffen“, sagt Mundorf. Er habe keinen Zweifel, dass das Objekt trotz der Millioneninvestition rentabel sei. „Unsere Berechnungen stimmen. Und wenn das Konzept hier funktioniert, dann funktioniert es auch in anderen Häusern.“

Nachbar-Ruine im Visier

Der Riese an der Hanielstraße soll für die junge Firmengruppe nur der Anfang sein. Der Kölner D.Ing-Gruppe und der Kapitalpartner AG gehören bereits rund 40 Wohnungen im benachbarten Hochhaus an der Ottostraße 58-64, Mitte 2008 haben sie die Hälfte einer Luxus-Wohnanlage mit Schwimmbad in Bergheim bei Köln gekauft. Auch dort setzen sie das gleiche Konzept um: Sie kaufen die von Investitionsstatus und Werteverfall geprägten Objekte günstig ein, sanieren sie mit Anlegerkapital aus eigenen Fonds und versprechen sich von den Mieteinnahmen eine gute Rendite.

Was sich in der neudeutschen Fernsehsprache als „Pimp my Hochhaus“ bezeichnen lässt, könnte auch bald einen Steinwurf von der Hanielstraße entfernt Wirklichkeit werden. Das Köln-Schweizer Firmen-Konglomerat macht längst kein Geheimnis mehr daraus, auch die seit Jahren leerstehende Ruine an der Ottostraße 24-30 ersteigen, aufmöbeln und wieder vermieten zu wollen. „Jede Depression birgt ihre Chance“, sagt Mundorf und betont, für die Kritik, die schlechte Stimmung und die Resignation in und um das Viertel wenig Verständnis zu haben. „Hier kann es nur einen Weg geben, und das ist der Weg nach vorne.“

Am 28. März will der Investor das Haus mit dem neuen Konzept bei einem Tag der offenen Tür vorstellen. Infos gibt’s im Internet unter www.weisserriese2009.de

INFO

DAS FIRMENGEFLECHT
Till Mundorf war Ende 2007 der überraschende Höchstbieter bei der Zwangsversteigerung des leerstehenden Hochhauses Hanielstraße. Mundorf ist Geschäftsführer der 2007 gegründeten D.Ing-Gruppe mit Sitz in Köln, die sich in drei eigenständige Firmen unterteilt, die Sanierungen maroder Immobilien planen, steuern und realisieren. Als Geldgeber fungiert die Kapitalpartner AG mit Sitz in Zürich, die als Investmentberatung derzeit sechs Fonds managt. Bei diesen „geschlossenen“ Fonds handelt es sich um Kommanditgesellschaften, an denen sich Anleger langfristig mit festen Beträgen beteiligen. Aus zwei dieser Fonds wird die Sanierung des Weißen Riesen an der Hanielstraße sowie der 40 Wohnungen an der Ottostraße 58-64 finanziert.
Für die Vermietung der Wohnungen an der Hanielstraße ist die Nidus GmbH mit Sitz in Bonn zuständig.

NRZ / DER WESTEN vom 04.02.2009

Hier der Internet-Link zum kompletten Artikel in der Online-Ausgabe: Roter Riese hat die ersten Mieter